Lebedik/Fiselekh

Mario Hamann //

haiducken-zmfAusgehend von dem Artikel von Wolfgang Martin Stroh über das Klezmer-Stück “Lebedik/Fiselekh”, in dem ein älteres Hörbeispiel unserer Band “Die Haiducken” verwendet wurde, wollten wir den Lesern der Zeitschrift “Praxis des Musikunterrichts” weitere Informationen und eine genauere Analyse unserer Interpretation liefern. Außerdem werden wir einige Anregungen für den Unterricht mit speziell angefertigten Unterrichtsmaterialien bereitstellen.
Als Grundlage nutzen wir  die Aufnahme des Stückes von unserem Auftritt auf dem Freiburger Zelt-Musik-Festival 2016.

 


Da bereits Wolfgang Martin Stroh unser rhythmisches Arrangement hervorhob, werden wir hierauf einen besonderen Fokus legen. Grundlage unserer Interpretation bildet dabei der häufige Wechsel von Offbeat- und Bulgarrhythmen, wie es bereits im Artikel angedeutet wurde.

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Das Stück wird vom Akkordeon eingeleitet, das das Hauptthema vorstellt. Auf den letzten Takt des ersten Teiles setzen alle weiteren Instrumente ein und der A-Teil wird nun von der gesamten Band mit Offbeat-Begleitung wiederholt.

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Der darauffolgende, zweimal gespielte B-Teil wird durchbrochen vom Bulgar-Rhythmus im vorletzten Takt, der durch die anschließenden Viertel wieder zum Offbeat-Rhythmus zurückgeleitet wird.

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Im C-Teil wird der Rhythmus kurzzeitig im vierten Takt durch zwei Viertelschläge auf die Zählzeiten 3 und 4 durchbrochen, in der Wiederholung wiederum konsequent mit Offbeat-Begleitung gespielt.

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Der D-Teil beginnt mit einem durchgehenden Viertel-Rhythmus und verhält sich dann in beiden Durchgängen wie der B-Teil, indem der Offbeat-Rhythmus jeweils im vorletzte Takt (Bulgar) unterbrochen und durch den letzten Takt (Viertel-Rhythmus) wieder “zurückgeholt” wird.

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Im zweiten Durchgang wird der A-Teil durchgehend im Bulgar-Rhythmus gespielt und in der Wiederholung mit der Gitarre durch 16tel zusätzlich aufgefüllt. Beschlossen wird der Bulgar-Teil wieder mit den zurückführenden Vierteln.

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In unserem Arrangement wird der B-Teil des zweiten Durchgangs vollständig durch ein Zwischenspiel ersetzt, in dem die Gitarre die tragende Rolle spielt. Die aufsteigende Melodie orientiert sich dabei zunächst an den Tönen des D-Dur-Akkordes und wird in kleinen Intervallen (v.a. Sekunden) wieder zurückgeführt.

Im zweiten Teil des Zwischenspiels wird in der Gitarre ein neues Motiv vorgestellt, das auf durchgehenden 8teln basiert und sich – bis auf einzelne Durchgangstöne – wiederum stark an den jeweiligen Akkord-Tönen orientiert. Durch ein leichtes Vibrato und das Ineinanderklingenlassen der Töne entsteht dabei ein – für Klezmer – ungewohntes Klangbild.

Ergänzend spielt die Klarinette zunächst eine Gegenmelodie, die sich ebenfalls bis auf einzelne Durchgangstöne an den Akkordtönen orientiert. Hervorzuheben ist dabei der Wechsel von kurzen Staccato-Achteln in der ersten Hälfte und den gebundenen Halben in der zweiten Hälte. In der Wiederholung wird die Melodie oktaviert, was nicht zuletzt dem Leitton Fis im letzten Takt vor der Wiederholung geschuldet ist. Der Triller am Schluss führt schließlich aus dem Zwischenteil wieder heraus.
Interessant ist in diesem Teil auch das Verhalten des Publikums, das völlig unaufgefordert auf die 2 und die 4 ein lautes „Hey!“ ausruft und auf diese Weise den gesamten Abschnitt selbstständig hervorhebt.

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Der C-Teil wird  wie im ersten Durchgang gespielt und daher nicht weiter beschrieben.

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Der D-Teil beginnt zunächst mit einem Break im ersten Takt, in dem die gesamte Rhythmusgruppe nur den ersten Schlag spielt und erst wieder zum nächsten Takt einsetzt. In der Wiederholung setzt ein Ritardando ein, das zu einem der wenigen Kontrabass-Soli bei den Haiducken hinleitet.
Der Kontrabassist greift dabei den D-Teils auf und bereichert ihn um zusätzliche Elemente. Interessant ist insbesondere der kurze Dur-Einschlag im vierten Takt. Üblicherweise wird im Klezmer nämlich die zweite Stufe der Tonleiter erniedrigt, wodurch die charakteristische übermäßige Sekunde entsteht (D-Es-Fis). In diesem Teil wird auf die Erniedrigung der zweiten Stufe zugunsten einer „normalen“ Dur-Tonleiter verzichtet (D-E-Fis). Überraschenderweise endet das Kontrabass-Zwischenspiel schließlich auch nicht auf dem Grundakkord D-Dur sondern bleibt kurz davor stehen, sodass der – erwartete – letzte Takt nicht gespielt wird.

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Die Auslassung wird vom Akkordeon genutzt, um das Hauptthema in einem neuen Tempo zu spielen und damit den dritten Teil einzuleiten, der abgesehen von der Geschwindigkeit wie der erste Teil gespielt wird.

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Die einzige Variation findet erst zum Schluss des Stückes statt. Der vorletzte Takt wird (im Bulgar-Rhythmus) dreimal wiederholt, sodass wie bereits im Bass-Solo der Schluss-Akkord herausgezögert wird. Der Effekt wird hier durch das schnelle Tempo und die direkt anschließende Generalpause noch verstärkt. Erst nach einigen Sekunden schließlich spielt die gesamte Band den “erlösenden” Schluss-Akkord (nachdem das Publikum bereits mit dem Applaus begonnen hat).

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Anregungen für den Unterricht:

  • Im Sinne eines Mitspielsatzes könnten die Rhythmen beispielsweise mit Orff-Instrumentarium aber auch mit Body-Percussion mitgespielt werden. Am geeignetsten ist hierfür der erste Durchgang, da hier keinerlei Rhythmuswechsel stattfinden. Als Steigerung könnte dann der dritte Durchgang mit erhöhtem Tempo verwendet werden. Dabei sollte ggf. darauf hingewiesen werden, dass das Ende leicht variiert ist.
    Ein druckbarer Ablaufplan des ersten Durchgangs befindet sich in nachstehendem PDF.

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  • Aufgrund der wenigen rhythmischen Bausteine könnten Hörpuzzles mit den Schüler_innen durchgeführt werden. Besonders geeignet ist hierfür der D-Teil des ersten Durchgangs.
    Zu diesem Zweck kann das nachstehende Arbeitsblatt verwendet werden.

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  • Aufgrund der prägnanten Rhythmen können verschiedene Tanzformen zur Höraufnahme ausprobiert werden. Unterhaltsam könnte dabei insbesondere eine Polka sein, die sich im letzten Durchgang im Tempo steigert.
  • Da das Gitarrensolo durchgehend einen Offbeat-Rhythmus verwendet, lässt sich der Bass gut beispielsweise mit Boomwhackern begleiten. Fortgeschrittenere Schülerinnen und Schüler können im zweiten Teil die Klarinettenstimme beispielsweise auf dem Xylophon mitspielen. Schließlich könnte auch das “Hey!” des Publikums auf Percussionisntrumenten oder auch mit der Stimme imitiert werden.
    Ein Notenblatt mit Boomwhacker-Farben für die Bass-Stimme befindet sich in folgendem PDF.

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